Informieren gegen das Vergessen: Ein Leseheft von Abiturientinnen und Abiturienten für Schülerinnen und Schüler

Wie können wir als Schülerinnen und Schüler daran erinnern, welche schlimmen Folgen Antisemitismus am Beispiel der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland haben kann? Und wie könnten wir als Abiturientinnen und Abiturienten 2020 eines kleinen Grundkurses im Fach Geschichte auch über unsere Zeit am ASG hinaus eine Informations- oder Aufklärungsmöglichkeit für Schülerinnen und Schüler gestalten? Das Ergebnis dieser Überlegungen stellt eine Broschüre dar, die z.B. als Überblick zur Vor- oder Nachbereitung einer Exkursion, als Hilfe für Referate im Unterrricht, als Impuls für genauere Recherche oder als Informationsschrift in der Schulbibliothek dienen könnte…

Der sog. Antisemitismus (wörtlich „Semitengegnerschaft“) ist ein täuschender Begriff, weil er Judenfeindschaft mit (pseudo-)wissenschaftlichem Anspruch maskiert, indem er Völker mit semitischen Sprachen (Zweig der afroasiatischen Sprachfamilie) als angeblich minderwertige “Rasse” versteht, jedoch nur die Juden meint, die Angehörige einer Weltreligion sind.

Den Nationalsozialisten diente der Antisemitismus als Erklärungsmuster für alles nationale, soziale und wirtschaftliche Unglück, das die Deutschen seit dem verlorenen Ersten Weltkrieg erlitten hatten. Die darausfolgende Politik vollzog sich in verschiedenen bürokratisch geplanten und von den Nazis selbst dokumentierten Eskalationsstufen. An diesen Stufen orientiert sich der Aufbau der beigefügten Broschüre, die sich aus Beiträgen der Abiturientinnen und Abiturienten zusammensetzt, wie sie in Partner- bzw. Kleingruppenarbeit entstanden sind.

Die Geschichte des Antisemitismus ist Jahrhunderte alt. Und trotz seines hohen Alters – der Historiker Robert Wistrich hat ihn einmal „the longest hatred“ (den längsten, hier: ältesten Hass) gegenüber einer Gruppe von Menschen genannt – ist der Antisemitismus in Deutschland und Europa hoch aktuell:

27 Prozent aller Deutschen hegten antisemitische Gedanken, 41 Prozent der Deutschen seien der Meinung, Juden redeten zu viel über den Holocaust (Quelle: Süddeutsche Zeitung, 23.10.19).

Witze über Juden und antisemitische Hetze im WhatsApp-Klassenchat – solche Vorfälle gebe es bundesweit an allen Schultypen (nach ZDF Heute-Journal vom 19.12.19).

“Unsere Erinnerungskultur bröckelt” warnte Bundesaußenminister Heiko Maas im Januar 2019. Sie stehe „unter Druck von extremen Rechten“. Umso gefährlicher sei das Unwissen gerade der jungen Deutschen, das eine CNN-Erhebung offenbart habe. „40 Prozent wissen nach eigener Einschätzung kaum etwas über den Holocaust. Das sind schockierende Zahlen,” so der Minister (Quelle: Tagesschau.de vom 27.1.2019).

Gleichwohl weiterer Befragungsergebnisse, denen zufolge das Bewusstein für Antisemitismus und die Bereitschaft “dagegen auf die Straße zu gehen” wächst, gibt es also allen Anlass, sich um Information und Aufklärung insbesondere junger Menschen in Schulen zu bemühen!

Und daher möchte ich mich für die Bereitschaft sich für dieses Ziel zu engagieren bei den beteiligten Abiturientinnen und Abiturienten gerade jetzt besonders herzlich bedanken:

Karim A., Aryana A., Moritz B., Til E., Delia E., Lion E., Adrien H., Dabin K., Stanik K., Felix M., Filip R., Mike S., Timo S., Elif T. und Lucas T.

 

Hier geht´s zum Leseheft der Schülerinnen und Schüler…

Christopher Clark (Historiker):

“Was ist die Lehre aus der Shoa, dem nationalsozialistischen Völkermord? Die wichtigste ist vielleicht, dass Menschenwürde unantastbar ist, aber sie ist zerbrechlich, so zerbrechlich wie die zivilen Gesellschaften selbst, und auch deshalb gibt es für die Bürger Europas eine Pflicht zur Wachsamkeit, eine Pflicht die Menschenwürde der Anderen zu verteidigen!”

Oliver Brands