Unser Konzept WIR LESEN!

„Lesen ist Denken mit fremdem Gehirn.“  Jorge Luis Borges

In diesem Sinne erkunden wir mit unseren Schülerinnen und Schüler nicht nur zahlreiche Textsorten und unterschiedliche Themen aus vielen Jahrhunderten, sondern le­gen auch besonderen Wert auf das Lesen als Prozess. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen der soziale Kontakt auf ein Minimum beschränkt ist, können wir mittels Bücher in das Leben anderer eintauchen. Gemäß unserem Schul­motto „Wir am ASG“ können wir uns trotz 1,5 Meter physischen Abstands ei­nander nähern, Erfahrungen anderer nacherleben und mitfühlen: durch Romane, Gedichte, Theaterstücke, Märchen, lange und kurze Erzählungen.

Als ältestes deutsch-spa­nisch bilin­guales Gymna­sium Deutsch­lands möchten wir zudem auch durch Lite­ratur neue Horizonte öffnen und Interkultu­ralität sowie multiperspektivisches Denken fördern.

Dazu haben wir zahlreiche schulische und außerschulische Projekte in unseren Alltag integriert. Folgende Prinzipien sind dabei für die einzelnen Komponenten des Konzepts grundlegend:

  • Bewährtes aufnehmen und weiterentwickeln
  • Alle Altersstufen und Geschlechter einbeziehen
  • Alle zur Schulgemeinde gehörigen Personengruppen (Schülerinnen und Schüler, El­tern, Lehrerinnen und Lehrer) einbeziehen
  • Komponenten, die individuelle Präferenzen berücksichtigen und solche, die kooperativ und kollektiv funktionieren
  • Einzelne Elemente lassen sich sowohl analog als auch digital umsetzen (und können den Gegebenheiten des Lernens bzw. Schullebens auf Distanz in der Corona-Zeit angepasst werden)
WIR LESEN! im Detail

In diesem Schuljahr hat unsere Arbeitsgemeinschaft „Lesen“ ein Logo entworfen, das systematisch bei den Projekten rund um das Lesen verankert werden soll, um einerseits einen Wiedererkennungswert zu sichern so­wie eine Identifikationsmöglichkeit zu schaffen, ande­rerseits durch den direkten Bezug zum Schullogo alle Fächer anzusprechen.

 

Die Lesezeit: Alle lesen gemeinsam

Seit dem Jahr 2011 haben wir für die gesamte Sekundarstufe I (Klassen 5 – 9) eine im Schulkonzept verankerte, vierwöchige Lesezeit zwischen den Herbst- und Weihnachtsferien sowie seit diesem Schuljahr zusätzlich nach den Osterferien eingeführt, in der die Schülerinnen und Schüler wie auch die Lehrerinnen und Lehrer selbstmitgebrachte oder in der schuleigenen Bibliothek entliehene Bücher ge­meinsam in den ersten 15 Minuten einer Unterrichtsstunde am Tag lesen. Neben der Ruhe und dem Erlebnis des gemeinsamen und doch individuellen Lesens und Schmökerns ergeben sich so immer auch Gesprächsanlässe über die gelesenen Bücher und das Interesse der Schülerinnen und Schüler untereinander an den von ihnen gelesenen Werken. Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer erleben gemein­sam das Eintauchen in fremde Welten, neue Gedanken, andere Erlebnisse und Erfahrungen – nicht nur aus literaturdidaktischer Sicht ist dieser Prozess des Fremderlebens und -verstehens also wichtig, sondern auch mit Blick auf Klas­sengemeinschaften, Lesesozialisation und die Freude am Buch. Allen gemein­sam ist auch, dass die Leserinnen und Leser am Ende der meist viel zu schnell vergange­nen Lesezeit aus ihren Geschichten wieder „auftauchen“ und bereits vorfreudig auf das nächste „Eintauchen“ blicken. Es ist auch zu beobachten, dass die Schülerinnen und Schüler gerade in den Wochen der Lesezeit ihre Pausen häufiger dem Lesen widmen und die verschiedenen Leseorte der Schule (s. unten) verstärkt aufsuchen – Lesestim­mung liegt in der Luft.

Diese Lesezeiten, die sowohl von den Schülerinnen und Schüler als auch von den Lehrerinnen und Lehrern in der Mehrheit als äußerst positiv wahr­genommen werden (anonyme schulweite Evalu­ationen haben diese Einschät­zung ergeben), sind ein Höhepunkt im Schulalltag, auf den sich zahlreiche Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer freuen.

Ziel ist es daher, eine ganzjährige Lesezeit zu implementieren.

 

Boys & Books: Jungenleseförderung
Männliche jugendliche Leser durch altersgerechte Literatur fördern: Un­sere Kooperation mit „Boys & Books“

Abb. 1 Das aktuelle „Boys & Books“-Poster nach Altersgruppen: digital und analog in der Schulgemeinde präsent

(Nicht nur) Jungen zum Lesen motivieren: Anhand von Ergebnissen der Lesesozialisationsforschung gehören gerade junge männliche Leser eher zur le­seabstinenten Gruppe.  Um diese „Lesemuffel“ adä­quater zu fördern und neue Leseanlässe zu schaf­fen, kooperiert das ASG seit dem Jahr 2017 mit „Boys & Books“ (www.boysandbooks.de). Hierbei handelt es sich um ein Leseprojekt der Universität zu Köln sowie der KU Eichstätt, dessen Jury pro­fessionelle Buchempfehlungen zu aktuellen Kinder- und Jugendbuchneuerscheinungen erstellt und in einer medial attraktiven Form verlagsunabhängig veröffentlicht.

Indem unsere Fach­schaft Deutsch auch personell in der Jury von „Boys & Books” aktiv mitwirkt, profitieren wir von der Forschungsex­pertise sowie dem interdisziplinären Austausch und können zugleich attraktive aktuelle Kinder- und Ju­gendliteratur in unserem Schulalltag berücksichtigen. So weisen wir auf Elternabenden, am Tag der offenen Tür sowie gezielt bei der Vereinbarung von Leseför­dermaßnahmen (z. B. im Kontext von Elternsprech­tagen) auf die Leseempfehlungen hin, die insbeson­dere für männliche leseabstinente Schüler als unter­stützend und motivierend einzuschätzen sind.

Abb. 2 Auch Schülerinnen des ASG freuen sich auf die neuesten Neuerscheinungen

Im Schulalltag sind darüber hinaus die jeweiligen Buchempfehlungen als „Top-Titel” durch Plakate in Klassenräumen und auf Fluren omnipräsent, so dass – wie an der Abbildung erkennbar – nicht nur Jungen auf die Neuerscheinungen gespannt sind. So manches der Bücher wird erworben beziehungsweise ausgeliehen. Oftmals kom­men die Schülerinnen und Schüler untereinander oder mit Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrer über die empfoh­lenen Bücher ins Gespräch, um so die überaus leseförderliche Anschluss­kommuni­kation zu suchen. In Zeiten des „Lernens auf Distanz“ nutzen wir unsere Online-Infrastruktur, um Schülerinnen und Schüler über die Buchempfehlungen zu informieren und Lese­empfehlungen für die Ferienzeiten mitzugeben.

 

„Hör‘ mal, wer da liest“: Lehrerinnen und Lehrer lesen vor

Abb. 3 Unsere Kolleginnen und Kollegen beim Vorlesen 2. 0 in „Teams“: Digitale Möglichkeiten ausschöpfen, um das Lesen zum Erlebnis zu machen

Die positive, zum Lesen motivierende Wir­kung des Vorlesens ist unumstritten. Dies trifft sowohl auf die Kinder zu, bei denen das familiäre Vorlesen Teil ihrer Lesebiografie ist, als auch auf diejenigen, denen sich durch das Vorlesen das Eintauchen in die Welt der Bü­cher erst im schulischen Kontext eröffnet.

Diese Wirkung des Vorlesens möchten wir nutzen und die Welt des Lesens unseren Schülerinnen und Schüler auch im schulischen Rahmen zugänglich machen. Das Vorlesen ist daher unter dem vergnüglichen Titel „Hör‘ mal, wer da liest“ in unser Lesekonzept als fester Bestandteil eingebunden.

Es ist geplant, im Laufe eines Schuljahres mehrmals und in regelmäßigen Abständen Vorlesestunden anzubieten, die sich jeweils an ein bis zwei Jahrgangsstufen richten. Damit sollen Texte ausgewählt werden können, die sich am Alter der Schülerinnen und Schüler orientieren. Diese können dann aus einem Angebot von ca. sechs Büchern auswäh­len, die ihnen von verschiedenen Kolleginnen und Kollegen vorgelesen werden. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler, die sich in einer festgelegten Stunde auf den Weg in den von ihnen gewählten Vorleseraum begeben, das Lesen in der Schule als nicht verpflichtend und jenseits curricularer Vorgaben erleben, Buchempfehlungen von erfahrenen Le­serinnen und Lesern erhalten und damit Lesen als Vergnügen erfahren.

Als Vorleserinnen und Vorleser kommen alle interessierten Kolleginnen und Kollegen in Frage, unabhängig von ihren Unterrichtsfächern. So lernen die Zuhörerinnen und Zuhörer auch solche Lehrerinnen und Lehrer als Lesevorbilder kennen, die sie mit dem Lesen weniger in Verbindung bringen und begegnen ihnen im Hinblick auf ihre Lesevorlieben in einer persönlichen Situation als interessierte Leserinnen und Leser und vielleicht sogar als Expertinnen und Experten eines ganz anderen Themenfeldes – ganz im Sinne des Titels „Hör‘ mal, wer da liest“.

Für die Zukunft ist auch denkbar, freiwillige Vorleserinnen und Vorleser aus der Schüler- oder der Elternschaft einzubinden, die ihre Lesebegeisterung weitergeben möchten. So folgt auch dieses Element von „Wir lesen!“ dem Ansatz, das Lesen im schulischen Raum sowohl inhaltlich als auch personell in die Breite zu tragen und zu einer gemeinsamen Erfahrung vieler Mitglieder unserer Schulgemeinde zu machen.

 

Vorlesen 2.0: Der erste digitale Durchgang

Abb. 4 Der erste Roman im digitalen Vorlesedurchgang

Die Coronakrise hat auch an unserer Schule völlig neue Be­dingungen des Unterrichtens und der Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern erforderlich gemacht. Der Kontakt zu ihnen ist aber umso notwendiger geworden. Daher hat das erste „Hör‘ mal, wer da liest“ auf digitalem Weg stattge­funden.

Sechs Kolleginnen und Kollegen haben mit verteilten Rollen aus dem Ro­man „Gegen uns könnt ihr nicht anstinken“ aus der Reihe „Stinktier und Co.“ von Rüdiger Bertram (2016) vorgelesen. Zielgruppe der ersten Buchaus­wahl waren die 5. und 6. Klas­sen, aber selbstverständlich rich­tete sich die Einladung zu dieser humorvollen Lesung auch an alle anderen Schülerinnen und Schüler. Dazu haben wir eine Aufnahme der Lesung angefertigt und diese auf unserer schulinternen Videoplattform mittels Office365 online verfügbar gemacht. Wir freuen uns, dass so noch in diesem außergewöhnlichen Schuljahr der Auftakt zu vielen weiteren Highlights von „Hör‘ mal, wer da liest“ ge­lungen ist.

 

Leseorte: Auszeit in Bibliothek, Chill-Raum und Ganztagsraum

Unsere Schule verfügt über eine eigene Bibliothek, in der die Schülerinnen und Schüler Bü­cher ausleihen und auch direkt vor Ort auf Sitzsäcken und in einer Sofaecke lesen können oder die sie gleich mitnehmen, um sie in Pausen im Chill-Raum, einem ruhigen Ort mit Sitzsäcken und Trennwänden zu lesen. Die Ausstattung der Bibliothek soll noch erweitert werden, ebenso ist geplant, dem Chill-Raum ein eigenes Bücher-Regal zur Verfügung zu stellen, aus dem sich die Schülerinnen und Schüler Werke herausnehmen und eigene, gelesene Bücher hinein­stellen kön­nen. Auch der Arbeitsbereich der Ganztagsräume bietet mit einladenden Einzelplät­zen ruhige Rückzugsmöglichkeiten und kann zum Lesen genutzt werden.

Abb. 5 – 8 (im Uhrzeigersinn:) Die Leseecke in der Bibliothek, der Chill-Raum mit Leseseparées, Ruheraum im Ganztagsbereich, Lesesäcke im Chill-Raum

 

Leseoase: Wo das Lesen sinnlich wird

Der von der Biologie-Fachschaft unserer Schule aufwendig gestal­tete Schulgarten bietet seit dem Schuljahr 2019/20 eine Leseoase, welche vor allem in der einstündi­gen Mittagspause für Leseaktivitä­ten genutzt werden kann. Schülerinnen und Schüler haben dort die Möglich­keit, eigens mitgebrachte oder aus der sich nebenan befindlichen Schulbibliothek ausgeliehene Bü­cher zu lesen und so gedanklich dem Schulalltag zu entfliehen. Wir unterstützen damit das eskapistische Be­dürfnis unserer jungen Leserinnen und Leser.

Im Zuge des weiteren Ausbaus unserer Lese­oase soll diese um weitere Sitzgele­genheiten erweitert werden und im Rah­men von Unter­richtsvorhaben einen Be­zug zu entspre­chenden literarischen Themen herstellen: zum Beispiel (Sach-) Literatur zu „Tierwelten“ (Sek. I.) oder „Naturlyrik“ (Sek. II). So soll Li­teratur – wortwörtlich – ein sinnlicher Platz ein­geräumt werden.

Abb. 9 – 11 (v. oben): Gemeinschaftliches Lesen im Grünen, Rückzugsorte auf selbstgebauten Sitzmöbeln oder nah am Wasser

 

Klassenbibliothek: Lesen greifbar nah

In vielen Klassen findet Leseförderung selbstverständlich auch im Rahmen des Deutschunterrichts statt. Damit Bücher noch präsenter und greifbarer sind, werden in den Klassenräumen Bibliotheken angelegt, die von der Klasse selbst or­ganisiert und betreut werden. Die jungen Leserinnen und Leser bestücken einen Schrank oder ein Regal mit Lektüren ihrer Wahl, stellen diese zur Ausleihe zur Verfügung, stellen Bücher vor und empfehlen diese. Erfahrungsgemäß finden gerade solche Lesestoffe großen Anklang, die von den Gleichaltrigen getestet und gern gelesen wurden. Die einmal angelegte Klassenbibliothek begleitet die Klasse über mehrere Jahrgangsstu­fen hinweg und kann mit immer neuen Lesestoffen „mitwachsen“. Auch Empfehlun­gen aus unseren „Leseclubs“, bei denen die Schülerinnen und Schüler sich gegenseitig eigens ausgewählte Bücher medial unterstützt vorstellen, fließen in die Klassenbibliotheken mit ein.

 

Vorlesewettbewerb: Ich lese ‘was, was du nicht liest

Abb. 12 Vorlesewettbewerb in der Aula des ASG

Ab und zu findet sich das ein oder andere empfohlene Werk von Boys & Books und natürlich zahlreiche andere Literatur dann beim Vorlesewettbewerb des Deutschen Buchhandels wieder, an dem unsere Schule jährlich und mit Be­geisterung teil­nimmt. Dazu werden zunächst in Stufe 6 in allen Klassen Vorent­scheide getätigt, um eine Schülerin oder einen Schüler pro Klasse auszuwählen, der oder die die Klasse beim Vorlesewettbe­werb vertritt. Dieser findet dann in der Aula gemein­sam mit allen Klassen der Jahr­gangsstufe 6 sowie einer mehrköpfigen Jury statt. Die Freude am (Vor)Lesen wird da­bei mit einem spielerischen Wettkampf kom­biniert, neue Bücher können entdeckt, Neugier geweckt und die eigene Lieb­lingsgeschichte einmal ganz anders präsentiert werden.

 

WIR LESEN! weiter

Mit möglichen Fördermitteln planen wir für die Zukunft, unsere bereits vorhan­denen Elemente des Lesekonzepts, wie oben angeführt, zu erweitern. Darüber hinaus sind folgende Bausteine geplant:

Books to Go: Unser Bücherschrank

Wir planen im Foyer unserer Schule, in dem sich nicht nur in den Pausen täglich zahlreiche Schülerinnen und Schüler aufhalten und durch das jeden Tag fast jede Schülerin und jeder Schüler und natürlich auch zahlreiche Kolleginnen und Kollegen gehen, einen offenen Bücher­schrank zu platzieren, um so Bücher und damit das Lesen zum einen optisch präsent zu machen und zum anderen einzuladen, gleichsam im Vorbeigehen ein Buch unbürokratisch auszuleihen. Eine „Bestseller“-Liste mit Buchempfehlun­gen für verschiedene Altersstufen soll dabei Unentschlossene ermuntern, das richtige Werk zu finden.

 

Literarisches Quartett: Literaturempfehlungen mal anders

Die Auswahl an Büchern ist geradezu riesig und für den einen oder die andere dadurch nicht überschaubar. Unser literarisches Quartett, in dem vier Kol­leginnen und Kollegen über aktuelle Bücher diskutieren und diese damit auch vorstellen, soll zum einen unterhaltsam an aktuelle Werke heranführen und zugleich Le­seempfehlungen geben. Durch das bekannte Format wird sicherlich so man­che Schülerin und mancher Schüler angeregt, einen Blick in eines der Bücher zu werfen.

 

Werkstattgespräche: Menschen am ASG

Hinter die Kulissen von Literatur schauen: Mit Autorenlesungen wollen wir den Ent­ste­hungsprozess von Literatur erfahrbar machen, um es unseren Schülerinnen und Schüler zu­sätz­lich zur inhaltlichen Auseinandersetzung auch zu ermöglichen, mit der Gedan­ken­welt von Autorinnen und Autoren in Kontakt zu treten, zu diskutieren und vielleicht Inspira­tion für das eigene Schreiben und Lesen zu gewinnen.