„Das ist, bei Demeter, ein Unfug!“ – Der Literaturkurs der Q1 setzt Aristophanes‘ Komödie „Lysistrata“ wirkungsvoll in Szene

Das Saallicht in der Aula geht aus. Chopins Trauermarsch setzt ein und aus dem Off wird der Text von Hannes Waders Ballade „Es ist an der Zeit“ gelesen. Und während in diesem das Schicksal der Kriegstoten am Beispiel eines einzelnen Soldaten aufgezeigt wird, wird, mit Stahlhelm auf der Brust, ein Toter durch die Aula getragen.

Ein Gänsehautmoment für alle Zuschauer, die am vergangenen Mittwoch der Einladung des Literaturkurses der Q1 gefolgt waren.

Der, von Karl Kirschbaum eindringlich und berührend gelesene Text, endet mit der Hoffnung, dass sich immer mehr Menschen finden werden, Kriege zu verhindern: „Es ist an der Zeit.“

Kaum hatte man dies verdaut, öffnete sich der noch geschlossene Vorhang einen Spalt breit und eine Schauspielerin rief in den Saal: „Uns kommt nur noch die Komödie bei!“

Und diese Komödie, die man sich in der gemeinsamen Kurszeit erarbeitet hatte, hat es in sich. Erzählt sie doch die Geschichte der Frauen Athens, die sich unter der Führung Lysistratas dem kriegerischen Treiben ihrer Männer entgegenstellen und ihnen – allerdings schweren Herzens – den Zugang zu ihren Körpern und der Staatskasse verweigern. Für die Männer „bei Demeter, ein Unfug!“, „verwegenes Geschwätz“, „des Übermutes Gipfel“, dem man sich nicht ohne Kampf beugen darf, will man die Ehre der Männer bewahren. Aber da haben sie nicht mit der Hartnäckigkeit der Frauen gerechnet, die sich, ihrem geleisteten Eid entsprechend, dem Fest der Aphrodite enthalten und das besetzte Rathaus, in dem das für den Krieg so dringend benötigte Geld verwahrt wird, wehrhaft verteidigen.

Dieser Plot birgt, so wird auch beim Lesen deutlich, eine Vielzahl an komödiantischen Momenten. Gleichzeitig aber ist die Botschaft eine Ernste, denn auch, wenn Aristophanes die aktuellen Verhältnisse des Jahres 411 v. Chr., als sich Athen nach zwei Jahrzehnten des Krieges gegen Sparta in katastrophaler Lage befand, in seinem Stück reflektierte, so zeigt der Blick auf die aktuelle Lage in Europa und der Welt, dass die Komödie nichts an Aktualität verloren hat. Noch immer scheint Krieg ein profundes Mittel zu sein, Machtstreben zu befriedigen.

Der Spagat zwischen Ernsthaftigkeit und Komödiantischem gelang dem Literaturkurs bestens, nicht zuletzt wegen der starken Darsteller.

So bot Daniela Klinger als die Lysitrata des ersten Aktes vom ersten Satz an alles auf, um die Frauen von ihren Plänen zu überzeugen und sich gegen die Männer zu wehren. Sowohl Vehemenz bei der Verteidigung der guten Sache als auch die Verzweiflung über die Last des Krieges und die Starrköpfigkeit der Männer, wusste sie spielerisch umzusetzen.

Unterstützt wurde sie dabei von zwei Chorführerinnen, Anissa Mourchid und Lina Thomanek, die ebenso alles gaben und sich überzeugend gegen die anrückenden Männer verteidigten.

Ihr männliches Pendant, Loki Swoboda, blieb in seinem Spiel ebenso nicht konturenlos und wandelte sich glaubhaft vom gewaltbereiten Anheizer der Männer zum liebestollen Anmacher der Frauen.

Ganz anders da der Ratsherr, der bis zum Schluss staatsmännisch denkt und die Friedensverhandlungen führt. Würdevoll, entsetzt über die Feigheit seiner Männer, voll Tatendrang und am Ende doch ein Besiegter –diese Facetten wusste Jan Hensen in dieser Rolle aufs Feinste auszuleuchten.

Dem stand die Lysistrata der letzten zwei Akte, Maya Notthoff, in Nichts nach. Ruhiger in ihrem Spiel, auf den Friedensschluss aus, aber auch voll und ganz damit beschäftigt, die liebestollen Frauen an der Flucht aus der Burg zu hindern, agierte sie nuancenreich.

Und diese Frauen, Emilia Nuvoloni, Johanna Hamer, Nina Quarz, Maja Schlesinger, zeigten alle große Präsenz auf der Bühne und spielten durchgängig glaubwürdig.

Gleiches galt für die Vertreter Spartas, gespielt von Anastasia Oesterreicher, Noam Krüger und Eric Hennings. Kraftvoll und überzeugte Vertreter ihrer Sache, füllten sie ihre Rollen voll und ganz aus.

Die Rollen der typisierten Vertreter ihres Geschlechts spielten Mieke Giesenkirchen, als oberflächliche, an der eigenen Schönheit mehr als am großen Friedensprojekt interessierte Kalonike, und Karl Kirschbaum, als Athener, dem es als Erstem dann doch zu viel wird mit dem Liebesentzug und der auf Friedensverhandlungen drängt, schwungvoll und munter.

Und nicht zuletzt, bestens aufgelegt und mit großem komödiantischem Talent versehen, bereicherten Lene Strebin, in der Rolle der Myrrhine, und Jannis Rock, als ihr gebeutelter, sich nach dem Fest der Aphrodite verzehrender Ehemann, der von Myrrhine ganz schön gefoppt wird, die Aufführung.

Kurz und knapp:

Ein großartiges Schauspielerensemble, das sich da über den Zeitraum eines Jahres entwickelt hat, bis in die kleinsten Rollen hinein authentische Darbietungen und zudem noch witzige Regieeinfälle.

Das war wahrlich kein Unfug – bei Demeter!